Viele neue Facetten zu den freischlagenden Verbindungen (Christian Brändli)
Neuauflagen eines Werkes bringen meist nicht viel mehr als kleine Retouchen gegenüber dem Ursprungswerk. Ganz anders verhält es sich mit der zweiten Auflage der „Darstellung der freischlagenden Corporationen der Schweiz“. Sogar der Titel hat eine Auffrischung erhalten, statt von „Corporationen“ sprechen die beiden Autoren Peter Platzer und Thomas Keller nun von „Verbindungen“. Die 42 Jahre seit dem Erscheinen der ersten Auflage haben die beiden genutzt, um seither neu zugängliche Quellen – in erster Linie Paukbücher -, aber auch Literatur in Form von neuen Verbindungsgeschichten in ihr kleines Büchlein einfliessen zu lassen. Vor allem ersteres hat es erlaubt, nach der Theorie auch die Praxis zu beleuchten, sprich der Antworten auf die Frage zu erhalten, wie es wirklich um das Fechten der Freischlagenden stand.
Bei ihren Arbeiten stiessen die Autoren aber auch altbekannte Probleme: unvollständige oder gar nicht vorhandene Mitgliederverzeichnisse bei den freischlagenden Korporationen. Dadurch war es nicht immer möglich, den Nachweis zu erbringen, ob nun dieser oder jener Beleger bei einer schlagenden Verbindung nicht auch Mitglied einer freischlagenden Verbindung war. So fehlen in vielen Paukbüchern diesbezügliche Angaben zu Belegern. Entstanden ist ein äusserst informatives Büchlein. Dazu gehören bereits die Ausführung zur Definition der Freischlagenden, aber auch die Erklärungen zur Fechtweise im Gang durch die Jahrzehnte. Eingang gefunden haben auch die jüngsten Entwicklungen. Dazu gehört etwa, dass einzelnen Freischlagenden auch innerhalb des – pflichtschlagenden – Schweizerischen Waffenrings gestattet wird, Bestimmungsmensuren zu fechten. Vor allem aber das Wiederauferstehen des Convents Freischlagender Corporationen (CFC) – wenn zum Teil auch mit mitgliederschwachen oder gar suspendierten Korporationen alimentiert – führte dazu, dass Schweizer Freischlagende im Rahmen des Freiburger Waffenrings im Breisgau zu Bestimmungspartien kamen.
Das Büchlein, das in der Reihe der Documenta et Comentarii erschienen ist, ist schön und sorgfältig gestaltet. Neben Abrissen zur Entwicklung der Freischlagenden in den einzelnen Hochschulorten sind auch die betreffenden Korporationen und ihre Geschichte kurz aufgeführt. Da Peter Platzer auch den Helveticus erarbeitet hat – und jetzt ebenfalls an der Neuauflage ist -, verzichtete er in diesem Werk auf die allgemeinen Informationen zu den unterschiedlichen Verbindungen. Diese werden wieder im Helveticus ausgeführt werden. Gefällig ist auch die sparsame Bebilderung mit Couleurkarten sowie Fotografien verschiedener Partien. Und sehr instruktiv ist auch die nachgeführte Zirkelliste. Diese ist gegenüber der Erstauflage mit 48 nun auf 64 Zirkel angewachsen. Alles in allem ist diese Darstellung ein Muss für alle, die sich für das studentische Fechten in der Schweiz interessieren.
Peter Platzer, Thomas Keller, Darstellung der freischlagenden Verbindungen der Schweiz, Documenta et Commentarii Nr. 36, Bern 2022. Das Heft kann über praesident [at] svst [dot] ch bestellt werden. Es kostet für Mitglieder 15 Franken, für Nichtmitglieder 20 Franken, jeweils zuzüglich Verpackung und Versandkosten.